„Es gibt mehr Musik aus Kuba als ,Buena Vista Social Club‘“. Am Donnerstag stellte sich in den Gustavsburger „Burg-Lichtspielen“ der kubanische Gitarrist Alfredo...
GUSTAVSBURG. „Es gibt mehr Musik aus Kuba als ,Buena Vista Social Club‘“. Am Donnerstag stellte sich in den Gustavsburger „Burg-Lichtspielen“ der kubanische Gitarrist Alfredo Hechavarria vor und trat mit seiner Musik den besten Beweis für seine zur Begrüßung aufgestellte Behauptung auf. Nachdem er schon als Kind kaum von der Gitarre zu trennen war, schloss Hechavarria ein klassisches Musikstudium an der Universität in Havanna an, wo er seinen Schwerpunkt auf die Bassgitarre legte. Früh schon ging er mit bekannten Musikern und Bands auf weltweite Tourneen und spielte unter anderem mit Oskar Valdés, Haila oder Isaac Delgado.
Viele Melodien bleiben im Gedächtnis
In seinem neuesten Album erinnert er sich daran, dass er vor fast 30 Jahren viele Lieder für die Gitarre komponiert hat. Unter dem Titel „Corazón del Sur“ (Herz des Südens) hat er sie zusammengestellt und beim gut besuchten Konzert im Kino in den Mittelpunkt gerückt. Er präsentierte Titel, die an die Tradition europäischer oder romantischer lateinamerikanischer Lauten- oder Gitarrenkompositionen erinnern, aber immer mit dem Flair karibischer Musik, Salsa Merengue oder Bachata durchsetzt sind.
Es sind leise, zärtlich interpretierte und mit filigraner Raffinesse zelebrierte Lieder. Dabei zeigte sich Alfredo Hechavarria als introvertierter Musiker, der sich in konzentrierter Hingabe seinem Instrument widmete.
Im titelgebenden „Corazón del Sur“ packte er seine Autobiografie in Klänge, die sich durch starke Rhythmuswechsel und einfühlsame Melodiebögen zu einer komplexen Struktur zusammenfügten. Musiktraditionen vom kubanischen Landleben ließ er in Kompositionen aufleben, deren Groove vom walzerhaften Dreivierteltakt vorangetrieben wurden.
Als großartige Erzählung mit Tönen entfaltete sich der Titel „Genesis“, bei dem der Interpret sich vom ersten Kapitel in der Bibel über die Entstehung der Welt inspirieren ließ. Mit virtuoser Fingerartistik schuf er eine Klangwelt, die starke Assoziationen zum Wachsen und Gedeihen in der Natur zuließen.
„New Light“ hieß die Hommage an Hechavarrias Sohn „Noel“, die vom Glück des werdenden Vaters erzählte. Wie es sich anfühlt, wenn eine junge Liebe 10 000 Kilometer voneinander entfernt ist, sang er dann gemeinsam mit seiner deutschen Frau und Jazz-Interpretin Clarissa Hechavarria im herzerweichenden Titel „Without you“.
Wenn der Gitarrist seine Stimme einsetzte, war das meist von lautmalerischer Natur, was wie eine vokale Fortsetzung und Erweiterung der Gitarrenklangs wirkte. Neben seiner Frau war es dann im zweiten Teil sein erst 13-jähriger Gitarrenschüler Felix Zimmermann, dem Hechavarria eine große Karriere vorhersagt, der sich präsentieren durfte. Jetzt war das Konzert endgültig bei einem Crossover von Welthits, beispielsweise von Sting oder Pink, mit karibischer Untermalung angelangt.
Ein Konzert der eher leisen Töne, bei dem viele Melodien im Gedächtnis blieben, weil Hechavarria auch die kompliziertesten Klangstrukturen auf eine entspannte und sehr natürliche Art zu interpretieren wusste.