Die Ausstellung „Hallo, ich bin ihr Nachbar“ in Bischofsheim zeigt Fotografien von Sabine Neumann.
Von Ulrich von Mengden
Die Ginsheimer Fotografin und Grafik-Designerin Sabine Neumann stellt Porträts Geflüchteter in der Bischofsheimer Gemeindebücherei aus.
(Foto: Ulrich von Mengden)
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BISCHOFSHEIM - Es sind Fotografien von Sabine Neumann, die den Betrachter so schnell nicht loslassen. In Atmosphäre spendendes Licht gerückte Menschen, die oft schlimme Schicksale hinter sich haben. Im Stil altmeisterlicher Malerei hat die Ginsheimer Grafik-Designerin Geflüchtete fotografiert und lässt sie auf kurz gefassten Texttafeln von ihren traumatischen Erfahrungen in ihrer alten Heimat und ihren Hoffnungen im Zufluchtsland erzählen.
Als Projekt der Ginsheim-Gustavsburger Tafel initiiert, haben die Porträts der Geflüchteten bereits so viel Eindruck hinterlassen, dass ihre Präsentation auf Wanderschaft gehen konnte. In Berlin sind die Bilder bereits zu sehen gewesen und in der evangelischen Kirche in Ginsheim. Im Kreis Groß-Gerau stellten die Rathäuser in Raunheim und Büttelborn Ausstellungsflächen zur Verfügung. Auch die Verantwortlichen in der Stadtkirche in Groß-Gerau erkannten die Relevanz und ermöglichten ein öffentliches Forum für die fotografischen Arbeiten. Seit Montag sind die hochformatigen Abzüge auf Alu-Dibond-Verbundmaterial auch in der Gemeindebücherei in Bischofsheim zu sehen.
„Hallo, ich bin ihr Nachbar“, wie die Ausstellung titelt, begrüßen nun bis Mitte Januar 15 Geflüchtete aus Eritrea, Syrien, Irak oder Afghanistan die Besucher der Bücherei. Vor tief schwarzem Hintergrund mit einer Lichtführung, die auch das Verborgene in diesen Menschen sichtbar werden lassen soll, hat Sabine Neumann durchweg geflüchtete Menschen porträtiert, die ihr persönlich bekannt sind. Durch diese besondere Nähe unternimmt sie den Versuch, Porträts zu erstellen, die Normalität zeigen und den Wunsch transportieren, in der Mitte unserer Gesellschaft angenommen und aufgenommen zu werden. Nachbarn, wie du und ich, mit all ihren Schwächen und Stärken.
BIS 18. JANUAR
Die Fotoausstellung „Hallo, ich bin ihr Nachbar“ mit fotografischen Porträts von 15 Geflüchteten wurde am Montag mit Hilfe der Bauhof-Mitarbeiter im Treppenhaus der Gemeindebücherei installiert.
Bis Montag, 18. Januar, ist die Schau während der üblichen Öffnungszeiten der Bücherei zu sehen. (uli)
Dass es viele humanitäre Gründe gibt, jedem Einzelnen zu helfen, legen die Schilderungen von schrecklichen Erlebnissen nah. Aus allgemeinen oder lediglich mit Zahlen unterfütterten Schicksalen von Flüchtlingen werden Gesichter. Der Iraker Shwan M. schreibt: „Der Islamische Staat ermordete meinen Vater und tötete meine Schwester, indem er sie anzündete“. Dawit M. aus Eritrea notiert: „In der Wüste wären wir auf der Flucht fast verdurstet“. Aber auch schon vor geraumer Zeit geflüchtete Russlanddeutsche kommen zu Wort und Vertriebene aus deutschen Ostgebieten, was den Betrachter darauf hinweist, dass der Verlust von Heimat und die Neuorientierung in fremden Kulturen nicht nur aktuelle Problemlagen vieler Menschen sind.
Ihre Ausstellung habe sehr viel positive Resonanz erfahren, erzählt Sabine Neumann, aber es gab auch kritische Stimmen, die etwas dagegen hatten, dass Geflüchtete auf diese Weise ein künstlerisches Forum erhalten. Das nimmt die Fotografin aber gelassen und beschreibt es als Indiz, dass ihre Porträts die Betrachter aufrütteln, was durchaus in ihrem Sinne sei.