Bei den Ausländerbeiräten von Stadt und Kreis Gießen stellte Prof. Elmar Brähler Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studie vor - mit teils erschreckenden Zahlen zur...
GIESSEN. "8,5 Prozent der Ost- und 5,4 Prozent der Westdeutschen haben ein geschlossenes rechtsradikales Weltbild": Das ist ein Ergebnis der Leipziger Autoritarismus-Studie, die Prof. Elmar Brähler vom Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung der Universität Leipzig den Ausländerbeiräten von Stadt und Kreis Gießen vorstellte.
"Die Ausländerfeindlichkeit war bereits 2012, also vor dem Beginn der Flüchtlingswelle, da", akzentuierte er. Doch sei vor allem im Osten eine Zunahme zu verzeichnen. So würde laut der alle zwei Jahre stattfindenden Erhebung, an der vergangenes Jahr 2500 Personen im Alter zwischen 14 und 93 Jahren teilnahmen, fast jeder zweite Ostdeutsche Aussagen, wonach Ausländer den Sozialstaat ausnutzen, zustimmen. Auch im Westen teile knapp jeder Dritte diese Meinung.
"Über ein Viertel der Deutschen würden Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken, wenn die Arbeitsplätze knapp werden", betonte er. "Und 36 Prozent halten die Bundesrepublik durch Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet." Fakt sei aber auch, dass Einwohner von Bundesländern mit einem höheren Ausländeranteil sich weniger überfremdet fühlen als solche, in denen weniger ausländische Mitbürger leben. Auch wer in seinem Freundes- oder Kollegenkreis viel Kontakt mit Ausländern habe, fühle sich weniger überfremdet. "Wer rechtsextrem ist, wendet sich heute von der CDU oder SPD ab und findet seine neue Heimat bei der AfD", erklärte der Experte. Was aber nicht bedeute, dass jeder AfD'ler ausländerfeindlich sei. Rechtsextreme Einstellungen seien unter anderem auch bei Nichtwählern zu finden.
Während der Antisemitismus bundesweit leicht rückläufig sei, steige die Abwertung anderer Gruppen, wie Sinti, Roma, Asylbewerber und Muslimen, an. Fühlten sich zum Beispiel 2010 noch rund 33 Prozent der Befragten durch Muslime "als Fremde im eigenen Land", seien es 2018 in Ost wie West bereits 55 Prozent gewesen. 73,8 Prozent der AfD- und 24,3 Prozent der Grünen-Wähler sprachen sich dafür aus, eine Zuwanderung von Muslimen zu untersagen.
Aus dem Blick gerate häufig die massive Abwertung von Sinti und Roma: 60 Prozent der Deutschen würden der Aussage, dass diese zur Kriminalität neigen, zustimmen. Im Osten fände diese Position bei fast 70 Prozent Zustimmung. "20 Prozent der Bevölkerung neigen laut der Studie zu Gewalt, um ihre politischen Ziele durchzusetzen", erläuterte Brähler. Eine Entwicklung, die seit 2006 zu beobachten sei. Auch die Artikulation von Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit sei durch das Sinken der Schamschwelle angestiegen.
Einfluss auf rechtsextreme Einstellung könne unter anderem die Bildung haben. "Menschen mit Abitur sind erwiesenermaßen weniger ausländerfeindlich als Menschen ohne Hochschulreife", verdeutlichte der Experte. Eine "verweigerte Anerkennung als Person" nähme ebenso Einfluss auf die eigene Einstellung wie die wirtschaftliche Lage. "Menschen, die sich vor sozialem Abstieg sorgen, neigen eher zu Rechtsextremismus." Foto: Zielinski