Heiratsvermittlerin Christine Weidringer flirtet bei Jüdischen Kulturtagen in Worms mit dem Publikum
Von Ulrike Schäfer
„Am Anfang war das (Ja-)Wort“: Zum Schluss führt Christine Weidringer im Synagogenhof eine komplette jüdische Hochzeit vor. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
( Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin)
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WORMS - Die Heiratsvermittlerin aus Erfurt hatte im letzten Jahr so gut gefallen, dass Warmaisa sie erneut mit ihrem Programm „Schlamassel – Am Anfang war das (Ja-)Wort“ zu den Jüdischen Kulturtagen einlud, und nicht nur viele, die Christine Weidringer damals verpasst hatten, sondern auch manche, die das Vergnügen ein weiteres Mal erleben wollten, fanden sich am Sonntagabend im Synagogenhof ein. Glücklicherweise spielte das Wetter mit. Kein Regenwölkchen pfuschte der geschäftstüchtigen Schadchen, wie die Vermittlerin auf Jiddisch heißt, ins muntere Handwerk.
Vertrauliches Gespräch mit Handpuppen
Sie beherrschte es aus dem Effeff. Mit rollenden Augen und blumigen, teilweise recht ausgefallenen Schmeicheleien versuchte sie schon gleich zu Beginn, Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Heiratsvermittlerin sei ein uralter Beruf, der schon in der Thora Erwähnung finde. Dies belegte sie anhand der köstlich inszenierten Geschichte von der Werbung des Knechts Elieser um Rebekka. Nur wenn Kopf, Herz und Geldbeutel zusammenpassen, sei eheliches Glück garantiert, verriet die Schadchen. Niemand aber wisse das besser zu arrangieren als die professionelle Heiratsvermittlerin. Die finde sogar eine bessere Hälfte für die dummen Ziepe, nämlich den doofen Lämel.
Die Hauptgeschichte des Abends, die in Fortsetzungen erzählt wird, handelt von David und Marmel, die sich beim traditionellen Vermittlungstreffen kennen und lieben lernen. Schnell ist der Verlobungsvertrag gemacht, doch Marmels Eltern, Joshua und Milka, geraten in einen finanziellen Engpass. Somit ist das Eheprojekt in Gefahr. Schlamassel! Da taucht plötzlich Levi auf mit 200 Goldstücken, um den besorgten Eltern behilflich zu sein. Wer ist er und wie kommt es, dass er das tut? Das ist nun freilich eine neue Geschichte, die mit der selbst verschuldeten Kinderlosigkeit von Levi und Bella zu tun hat. Schlamassel! Doch Rabbi Jakob von Lublin, der dank seiner schönen Stimme direkten Kontakt zum Himmel hat, erfährt, wie Levis Schuld, nämlich ein gebrochenes Eheversprechen, zu sühnen ist. Ende gut, alles gut! Und auch bei Levi und Bella kehrt der Segen ein. Sie bekommen den ersehnten Sohn, der später Sulamith, die Tochter des armen Knoblauchhändlers, heiraten wird.
Christine Weidringer flirtet mit dem Publikum und spricht vertraulich mit den geschnitzten Handpuppen (Matthias Hänsel), vermittelt Gestriges, verwendet Heutiges und streut kleine Anekdoten und Episoden ein, zum Beispiel vom schlauen Salomo, vom bestohlenen und belohnten Rabbi und von den eifrigen Studenten. Dabei verwandelt sie sich immer wieder mit kleinen Tricks, steigt durch Reifen, knüpft Leitern, spielt Schattentheater, singt. Und zum Schluss führt sie eine komplette jüdische Hochzeit vor, vom Untertauchen der frierenden Braut in die Mikwe über die Einkleidung, die siebenmalige Umrundung des Bräutigams unter der Chuppa und dem Zertreten des Glases bis hin zum Festmahl. Und alles hat seine Bedeutung.
Zwischenzeitlich hat das Multitalent aus allen Zutaten des Abends ein prächtiges Haus gebaut, sogar der Trichter des Grammophons hat dabei Verwendung gefunden. Und was ist daraus entstanden? Ein vergrößertes Abbild des jüdischen Hochzeitsrings, der 1998 mit dem Schatz von Erfurt gefunden wurde und Christine Weidringer und ihren Mann zur Rolle der Heiratsvermittlerin anregte.