Worms: Eröffnung des Pop-Up-Festivals mit Wigald Boning und Roberto di Gioia
Von Sophia Rishyna
Die Musik von Wigald Boning (r.) und Roberto di Gioia zu den Stummfilmen konnte nicht überzeugen. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
( Foto: p
hotoagenten/Alessandro Balzarin )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
WORMS - Zur Eröffnung des dritten Pop-Up-Festivals war die alte Bowlingbahn im Gebäude des ehemaligen Bauhaus der Veranstaltungsort. Wehmütig betrat den immer noch sehr ansehnlichen Saal, wer hier vor Jahren regelmäßig Bowling gespielt hatte, und musste melancholisch mitansehen, dass die Kegel und Kugeln alle verschwunden waren.
Stattdessen hatten die Veranstalter rund um Festivalchef David Maier für eine kuschelige Atmosphäre mit Teelichtern auf jedem der vielen Tische gesorgt, die beim Besucherandrang teilweise gar nicht reichten und mit schnell aufgestellten Bierbänken ergänzt werden mussten. Obwohl das Festival in diesem Jahr zum ersten Mal Eintritt verlangt – für das Eröffnungskonzert 15 Euro an der Abendkasse – war der Saal voll und das Publikum außerordentlich gut gelaunt.
Der Ort und die Filme passen bestens zusammen
Man war natürlich gespannt, was sich hinter der Ankündigung „Wigald Boning und Roberto die Gioia vertonen Kurzfilme von George Méliès“ verbergen sollte, und inwiefern es zur Location der alten Bowlingbahn passen konnte. Der Ort und die Stummfilme passten wie die Faust aufs Auge – die Musik jedoch wirkte oft eintönig, vorhersehbar und war wenig unspektakulär, was bei einem Musiker wie di Gioia, der unter anderem mit Till Brönner, Udo Lindenberg und Max Herre zusammengearbeitet hat, und dem sonst immer für eine Überraschung guten Boning enttäuschte.
DAS WEITERE PROGRAMM
Am Dienstag, 26. September, ist ab 20 Uhr Spieleabend im ehemaligen Sonnenstudio am Marktkauf, Schönauer Straße. Gespielt wird das „Worms-Duell – 100 Wormser haben wir gefragt“, in Anlehnung an die grandiose 90er-Jahre-Spielshow Familien-Duell. Die Moderation übernimmt Peter Englert / Jim Walker jr. Im vergangenen Jahr bei „Jeopardy“ standen sich unterschiedlichste Mannschaften gegenüber – Volksbank gegen Funzel, SPD gegen CDU, KVG Worms gegen Renolit und andere. Auch in diesem Jahr haben Wormser Firmen, Institutionen, Freundeskreise oder auch flüchtige Bekannte die Chance gegeneinander anzutreten. Der Eintritt ist frei.
Die nächsten Termine: Mittwoch, 27. September, eine musikalische Lesung. Motzki liest, Maier singt: Democracy is coming. 20 Uhr, Dominikanerkloster St. Paulus, Paulusplatz 5, Karten im Vorverkauf 11,20 Euro, an der Abendkasse 13 Euro.
Donnerstag, 28. September, Lesung. Thomas Gsella: Das Allerbeste aus 50 Jahren, 20 Uhr, Kunstverein Worms, Renzstraße 5. Karten im Vorverkauf 7,20 Euro, an der Abendkasse 8 Euro.
Freitag, 29. September, Konzert & Party. Sophia Kennedy and Psycho & Plastic, 20.30 Uhr, ehemaliges Bowling Center, Marktkauf, 2. Stock, Schönauer Straße 3. Karten im Vorverkauf 8,20 Euro, an der Abendkasse 10 Euro.
Samstag, 30. September, Lesung, Talk, Konzert. „Damaged Goods“ and very special guest Schaudinger and DJ Jim Walker jr, 20 Uhr, Hambuger Tor, Bärengasse 19. Eintritt frei.
Auch humoristisch fiel Wigald Boning nicht viel mehr als der doch etwas schale Witz ein, er solle öfter in Bowlingbahnen spielen, heiße er doch „Wigald Bowling“. Ob die Herren, die als Duo unter dem Namen „Hobby“ auftreten, wirklich nur improvisieren mussten, weil sie sich nichts merken konnten oder weil sie sich schlicht und ergreifend nicht gut genug vorbereitet haben, lässt sich schwer im Nachhinein feststellen. Fakt ist, dass die Musiker oft erst deutlich nach Ende des Films zu spielen aufhörten und zu den einzelnen Filmen keinerlei Hintergrundinformationen parat hatten.
Begonnen wurde mit dem bekanntesten Stummfilm des Pioniers, „Die Reise zum Mond“ (Le voyage dans la lune). Di Gioia am Klavier und Boning an der Querflöte brachten das Publikum zum Lachen, als sie „Guten Abend, gute Nacht“ anspielten, während die „Astronauten“ sich auf dem Mond zu einem Nickerchen niederließen. „Une partie des cartes“, den ältesten erhaltenen Méliès-Film überhaupt, untermalte Boning mit Plopp-Geräuschen und Lachen. Die Stimme nutzte der Komiker auch bei „Le chevalier mystère“, indem er zur Einstimmung sang, was aber nicht wirklich zum Film zu passen schien. Wesentlich besser gelang da schon die Begleitung zu „Le chaudron infernal“, einem kolorierten Kurzfilm über Teufelchen, und die Übernahme eines der Charaktere in „Une chute de cinq étages“, dem beim Fototermin im Atelier eine Leinwand auf den Kopf fiel. Alle anderen Filme blieben den Zuschauern durch ihre Kreativität, die scheinbar grenzenlose Fantasie des Machers und den jedem zugänglichen und unverfänglichen Humor in Erinnerung, weniger durch die von den Musikern gewählte Untermalung. Ein besonders beliebtes Thema für Méliès war das Zubettgehen, dem sich die Filme „Le déshabillage impossible“, in dem eben jenes durch eine nicht enden wollende Menge an Kleidung, die einfach nicht ausgezogen werden konnte, unmöglich wurde, und „Une nuit terrible“ mit einer riesigen Schabe im Nachttopf widmeten.
Di Gioia und Boning verabschiedeten sich zu viel Applaus mit einer auf die Schnelle erdachten „Stadthymne“ für Worms, die leider nicht zu zünden vermochte, da Wigald Boning auch nach mehreren Strophen immer noch kein Reim für „Worms“ eingefallen war. Das Konzert und die Veranstaltungshalle hätten deutlich mehr Potenzial gehabt.