„Ensemble Chordial“ und Rheinische Orchesterakademie Mainz mit Uraufführungen
Sinnsuche, die ins Grenzenlose führt, Weltflucht und Winternacht: Werke von Johannes Schäfer, Florian Zimmermann, Britten und Pärt u.a. wurden in der Altmünsterkirche aufgeführt.
Von Dietrich Stern
„Weltflucht“-Konzert mit dem „Ensemble Chordial“ und der Rheinischen Orchesterakademie Mainz unter der Leitung von Daniel Rumpf.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Musikalische Uraufführungen sind immer ein großes Ereignis für Komponisten, Interpreten und Hörer. Wie lassen sich die Phantasien und Konstruktionen aus dem Komponier-Kämmerlein öffentlich zum Leben erwecken? Der Zusatz „Welt“ in der Ankündigung ist jedoch bei einer Uraufführung überflüssig und wirkt provinziell. Allererstes Erklingen sagt ja das Wort schon.
„Weltflucht“ war also eigentlich nicht gewollt. So heißt ein Gedicht von Else Lasker-Schüler, das der junge Mainzer Komponist Florian Zimmermann mit den Gedichten „Frühling“, „Sinnenrausch“, „Winternacht“ und „Mein Tanzlied“ zu einem ganzen Zyklus zusammenstellt.
Sehnsuchtsvolles und schroffe Gesten
Eine anspruchsvolle, große Arbeit führt den Chor „Ensemble Chordial“ und die „Rheinische Orchesterakademie Mainz“ in der Altmünsterkirche unter der Leitung von Daniel Rumpf zusammen. Aus einem Einzelton strebt die Musik auseinander in Polyphonie und reiche Klanglichkeit. Sehnsuchtsvoll schwebende Flächen von Chor und Orchester wechseln sich ab mit schroffen Gesten auf dem Weg „ins Grenzenlose“, das bedeutet hier: „meinwärts“. Zimmermann zeigt kompositorisch eine souveräne Beherrschung der klanglichen und musiksprachlichen Mittel, die den Hörer zu fesseln vermag. Seine Behandlung der Texte Lasker-Schülers bleibt dabei manchmal ungenau. Man hätte gerne mehr verstanden.
Eine weitere Uraufführung für Chor a-capella, „Der Sinn“ von Johannes Schäfer, bearbeitet einen Text von Laotse. Ähnlich wie bei Lasker-Schüler wird ein Sinn gesucht, der „früher als Gott“ alle „Wirrsale“ besänftigt und ordnet. Im Anklang an Renaissance-Motetten vermittelt die recht konservative Komposition ein Gefühl dafür, dass musikalische Ordnung so etwas wie eine Verkörperung von Sinn sein kann.
Mit dem einleitenden „Bow thine ear“ von William Byrd und der Motette „Ich bin jung gewesen“ von Hermann Schein weist der Chor selbst auf die Beziehung der zeitgenössischen Werke zur Chormusik der Renaissance hin. Etwas zaghaft kommen die „Soggetto“-Einsätze der einzelnen Stimmen, obwohl Daniel Rumpf sehr energisch und deutlich dirigiert. Wohler fühlen sich die Sänger in dem etwas popartigen „Cantus gloriosus“ von Jozef Swider.
Die Orchesterakademie erfreut mit Brittens „Simple Symphony“ und ihren herrlichen Ohrwürmern das Publikum. Auf ihn bezieht sich auch „Cantus in memoriam Benjamin Britten“ von Arvo Pärt für Streichorchester, eine getragene und ergreifend gespielte Grablegung.