Auf gerade mal 50 Seiten gibt die Autorin die langsam wachsende Zuneigung zu einer Mischlingshündin zu Protokoll.
Von Jens Frederiksen
Monika Maron war 2009 Mainzer Stadtschreiberin, bereits 2003 war sie mit der Carl-Zuckmayer-Medaille geehrt worden.
(Archivfoto: dpa)
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BUCH - Harmloser geht’s nicht. Monika Maron, unlängst wegen politisch unzuverlässiger Freundschaften und politisch noch unzuverlässigerer eigener Äußerungen über Willkommenskultur und gendergerechte Sprache von ihrem langjährigen Verlag S. Fischer vor die Tür gesetzt, hat ihr erstes Buch bei ihrem neuen Verlag Hoffmann & Campe herausgebracht: eine schmale Tiergeschichte mit dem Titel „Bonnie Propeller“.
Fast schon eine Enttäuschung: Da findet sich nichts, aber auch gar nichts an weltanschaulich Gewagtem, Provozierendem oder gar Gefährlichem. Auf gerade mal 50 Seiten gibt die Autorin die langsam wachsende Zuneigung zu einer Mischlingshündin zu Protokoll, die – halb Rauhaardackel, halb irgendetwas Größeres – aus Ungarn ihren Weg in den Haushalt der Autorin findet. Das Ganze ist im Detail hübsch beobachtet, und sachlich und elegant formuliert ist es sowieso. Die Liebeserklärung an ein munteres kleines Fellbündel, das sich seinen Namen durch propellergleiche Pirouetten verdient.
Ein bisschen näher kommt man der Vorgeschichte zu den Verlagsverwerfungen freilich durch die Lektüre des kurz vor der „Bonnie Propeller“-Erzählung in der kleinen Dresdner Edition Buchhaus Loschwitz erschienenen Essay-Sammlung „Krumme Gestalten, vom Wind gebissen“ – allerdings tatsächlich nur ein bisschen. Die Autorin, 1941 in Berlin geboren, in der DDR groß geworden und 1981 mit dem nur im Westen publizierten Roman „Flugasche“ über die Zustände im DDR-Industrierevier Bitterfeld ins Dissidentenlager gewechselt, gehörte wie ein Stück Inventar zum Hause S. Fischer. Aufbegehren gegen Autoritäten: In dem sich gern aufklärerisch gebenden Verlag fand die unkonventionelle Autorin über Jahrzehnte ihre Heimstatt. Der Wind hat sich gedreht: Wie im Falle des Suhrkamp Verlags, der seinen Erfolgsautor Uwe Tellkamp seit dessen kritischen Fragen zur deutschen Flüchtlingspolitik mit einem „Wir distanzieren uns“-Verdikt belegt, hat auch S. Fischer sein Verständnis von Unangepasstheit und Eigensinn dem Zeitgeist angepasst.
DAS BUCH
Monika Maron
Bonnie Propeller
Hoffmann und Campe, 55 Seiten, 15 Euro.
In dem „Krumme Gestalten“-Band sind die Anlässe dafür unschwer zu erkennen. Wenn die Autorin etwa in einem Artikel zum Thema „Zeitunglesen“ bekennt, dass ihr die „hochgradige Kränkbarkeit in Glaubensdingen“ bei vielen Muslimen auf die Nerven gehe – und die giftige Parteinahme der linksliberalen Presse für derlei Empfindlichkeiten noch mehr. Oder wenn sie sich an das „gallige Gelächter“ der DDR-Bürger über ihre unfähige Obrigkeit zurückerinnert und bei sich selber heute eine ähnliche, mit Sarkasmus untermischte Resignation beobachte angesichts „Hunderttausender Windräder, die den Energiebedarf nicht werden sichern können“ und doch das Beharren der Politik „auf Elektroautos und -roller“ unterfüttern sollen. So Sachen.
Und davor glaubt ein großer Publikumsverlag seine Kunden schützen zu müssen? Ein Witz – besonders dann, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich für die Erstpublikation ebendieser Essays politisch unverdächtige Zeitungen und Zeitschriften wie der Spiegel und die Neue Zürcher Zeitung nicht zu schade waren. Dass darüber hinaus dem Buchhaus Loschwitz und seiner mit Monika Maron befreundeten Verlegerin eine gewisse Pegida-Nähe nachgesagt wird, muss für die politisch besorgten Entscheidungsträger bei S. Fischer nur noch das willkommene I-Tüpfelchen gewesen sein. Es lohnt sich, Monika Marons „Essays aus drei Jahrzehnten“ auch und gerade vor diesem Hintergrund sorgsam zu lesen. Sie sind eine Wohltat an geistiger Eigenständigkeit.