„Der Baustein, der noch gefehlt hat“

Antreiberin und Schaltzentrale: Natasa Petrov (rechts) – hier beim 4:1 gegen Eintracht Lollar (Jaqueline Wagner) am Samstag – will den SC Opel Rüsselsheim in die Regionalliga führen. Foto: Vollformat/André Dziemballa  Foto: Vollformat/André Dziemballa

Natasa Petrov sei ein Glücksfall für den Fußball-Hessenligisten SC Opel Rüsselsheim. Sagt ihr Trainer Markus Hauptkorn: „Sie ist eine extrem ehrgeizige Spielerin voller...

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RÜSSELSHEIM. Natasa Petrov sei ein Glücksfall für den Fußball-Hessenligisten SC Opel Rüsselsheim. Sagt ihr Trainer Markus Hauptkorn: „Sie ist eine extrem ehrgeizige Spielerin voller Leidenschaft, die immer alles für die Mannschaft gibt. In der Offensive war sie genau der Baustein, der noch gefehlt hat.“ Der SC Opel Rüsselsheim ist aber auch ein Glücksfall für Natasa Petrov: „Hier habe ich einen Trainer, der voll hinter mir steht. Hier bekomme ich Spielpraxis und kann zeigen was ich drauf habe, um irgendwann doch noch Zweite oder sogar Erste Liga zu spielen.“

Das Vertrauen der Trainer hat die zwanzigjährige serbische U20-Nationalspielerin in den vergangenen drei Jahren selten gespürt. Nach den Anfängen bei der SG Bornheim und einem Jahr bei Eintracht Frankfurt lief es in der Jugend des Erstligisten FFC Frankfurt zunächst sehr gut: Berufung in die serbische U17-Nationalmannschaft, Hessenauswahl, zwei Jahre U17-Bundesliga – alles deutet auf eine erfolgreiche Karriere hin. „Aber dann hat der Zweitmannschaftstrainer des FFC nicht auf mich gesetzt.“

Um Spielpraxis zu sammeln, wechselt Petrov freiwillig ins dritte Team in die Regionalliga und 2015 dann zum Zweitligisten Hessen Wetzlar. Doch auch dort erfüllen sich die Erwartungen nicht: Nach 15 Einsätzen in der zweithöchsten Liga im ersten Jahr kommt sie in der Saison 2016/17 nur noch zu Kurzeinsätzen im ersten Team und zu neun Partien in der Wetzlarer Regionalligaelf. Als Petrov in der Sommervorbereitung erneut keine Rückendeckung spürt, schließt sie sich nach Ablauf der Wechselfrist Ende August dem SC Opel an – mit einem Amateurvertrag.

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„Das war das erste Mal, dass der Verein einer Fußballerin einen solchen Vertrag angeboten hat, denn das bedeutet höheren bürokratischen und finanziellen Aufwand“, erklärt Trainer Markus Hauptkorn. „Aber wir haben gesagt, es lohnt sich, weil sie U-Nationalspielerin ist, mehrjährige höherklassige Erfahrung hat und als dribbelstarke Ballverteilerin genau zu uns passt.“ Sein Fazit nach der ersten Saisonhälfte: „Sie hat die Erwartungen von Trainer, Abteilungsleitung und Vorstand mehr als erfüllt. Sie spielt unglaublich konstant, reißt durch ihre Qualität und ihr läuferisches Vermögen die Mannschaft mit und hat 50, 60 Prozent unserer 45 Tore eingeleitet.“ Kein Wunder, dass mit Gina-Lolita Buglisi (21 Treffer) und Vanessa Kempf (neun) zwei Mitspielerinnen in der Torjägerliste der Liga auf den Plätzen zwei und drei zu finden sind.

21 Länderspiele für Serbien

Den Wechsel zum SCO und in die Hessenliga hat die Studentin (Bioverfahrenstechnik an der FH Frankfurt) nicht bereut. „Ich empfinde das nicht als Rückschritt, sondern als neuen Anlauf, um den Traum Bundesliga doch noch leben zu können. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und fühle mich superwohl.“ Mit ihren Stärken – „Dribbling, Passspiel, Wendigkeit, Variabilität“ – hat es die gebürtige Frankfurterin mit serbischem Pass schon mit 15 in die Jugendnationalmannschaft geschafft. „In Deutschland hätte ich es nicht gepackt“, vermutet sie. „Da werden immer die schnellen, großen Spielerinnen gesichtet, denn das Spielsystem erfordert Kraft, Tempo, Athletik, Größe und Stärke.“

Groß ist die 1,61-Meter-Frau wahrlich nicht und auch nicht besonders schnell. „Aber Serbien setzt eher auf kleinere Spielerinnen und technischen Fußball.“ Mit Erfolg, immerhin gewann die U20-Auswahl bei Petrovs Debüt im Oktober in Belgrad mit 2:0 gegen Deutschland. „Ich durfte die letzten 15 Minuten spielen, obwohl wir einen 23er-Kader haben und viele Konkurrentinnen auf meiner Position.“

Ihre Position – das ist das zentrale offensive Mittelfeld. „Auf der Zehn fühle ich mich gut aufgehoben beim SC Opel, ich habe aber früher außer Innenverteidigung und Torfrau schon alles gespielt.“ Am Abschluss müsse sie noch arbeiten, sagt die 21-fache Nationalspielerin, körperliche Defizite will sie über Extra-Schichten im Fitnessstudio ausgleichen. „Schwächen in der Zweikampfführung oder bei der Schnelligkeit kompensiert sie mit Spielintelligenz und Weitsicht“, sagt Trainer Hauptkorn.

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„Ich will mit Opel durchstarten und in die Regionalliga aufsteigen, denn wir haben Spielerinnen mit viel Potenzial und agieren auch als Team gut. Wir müssen nur unsere Chancen besser nutzen“, sagt Petrov. SCO-Trainer Markus Hauptkorn hält den Tabellenzweiten für stark genug, „um im oberen Drittel der Regionalliga mithalten zu können“. Das Problem: „Wir müssen erst einmal aufsteigen, und Jahn Calden ist sehr stark.“ Schon jetzt stehe fest, dass der Verein den Einjahresvertrag mit Petrov verlängern wolle. „Aber klar ist auch: Wir müssen dazu aufsteigen. Bleiben wir in der Hessenliga, wird es sehr, sehr schwer, denn dafür ist ihr Potenzial zu groß.“ Dieses reiche sicherlich für die Zweite Liga, sagt Hauptkorn – „vielleicht auch für die Erste“.