Von Mario ThurnesLEBACH - „Wir sein’s kreuzbrave Leut“, heißt es im Steigerlied, das aus zwei Gründen die inoffizielle Hymne des Saarlandes ist: Zum einen, weil der Text den Charakter der Menschen zwischen Perl und Homburg einfängt. Und zum anderen, weil es den Zusammenhang zwischen Bergbau und Saarland aufzeigt, der auch fünf Jahre nach Schließung der letzten Grube das Geschehen noch immer bestimmt.
Erst 1920 gegründet wegen kriegswichtiger Ressourcen
Mehr als 50 000 Menschen arbeiteten in den 60er Jahren im saarländischen Bergbau. Weil die Ressource als kriegswichtig galt, kam es 1920 überhaupt erst zur Gründung der politischen Einheit Saarland. Bis dahin war der Landstrich auf verschiedene Monarchien aufgeteilt. Zu den Herrschern gehörte neben Preußen und Bayern auch das Haus Oldenburg.
Kohle und Stahl brachten den Saarländern bescheidenen Wohlstand: Noch heute hat das Land die höchste Eigenheim-Dichte in Deutschland. Während die Arbeitsplätze im Süden waren, bauten die Bergleute ihre Häuser immer weiter nördlich, wodurch Orte wie Lebach zu kleinen Städten anwuchsen.
In Lebach hat heute einer der prominentesten Söhne des Landes ein Büro: Peter Hartz. Dort wirbt der Erfinder der nach ihm benannten Gesetze für Ideen wie die „Minipreneure“: Menschen sollen sich auch dann selbstständig machen, wenn sie mit den Einkünften weniger verdienen als mit „Hartz IV“.
Für ehemalige Bergleute eine Option. Nach dem Ende des Bergbaus taten sie sich schwer auf dem Arbeitsmarkt. Neben den fehlenden Einnahmen – Bergarbeiter verdienten dank der Zulagen mehr als die Menschen auf dem Bau – ist ihnen auch der Ethos der Arbeit verlorengegangen: „Die da graben das Silber und Gold bei der Nacht“, heißt es im Steigerlied über die harte und gefährliche Arbeit.
Der „Strukturwandel“ bestimmt das Leben an der Saar: Das Land ist mit 18 000 Euro pro Einwohner hinter Bremen das höchstverschuldete Bundesland. Um Arbeit zu finden, verlassen so viele ihre Heimat, dass es für sie sogar ein eigenes Magazin gibt: „Nemmeh dehemm“ (Nicht mehr daheim).
403 Kilometer sind es auf der Autobahn von Saarbrücken nach Paris – nach Berlin sind es 723 Kilometer. Von ihren französischen Nachbarn haben die Saarländer die Vorliebe fürs Speisen übernommen. „Hauptsach gudd gess“, gilt als ihr Motto. So leicht wie die französische ist die saarländische Küche indes nicht – die Kartoffel dominiert.
Auf die rund eine Million Einwohner kommen 9000 Vereine – das ist die höchste Dichte in Deutschland. 61 Prozent der Einwohner gehören der katholischen Kirche an, was ebenfalls die höchste Dichte bedeutet. Schließlich sind es halt alle „kreuzbrave Leut“.
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